Im Winter/Frühjahr 2012 traf sich Maeng mehrmals wöchentlich mit Berliner Musikerinnen und Musikern, um in oft stundenlangen Sessions zu musizieren, und dies hieß immer: zu improvisieren. Maeng selber spielte dabei Perkussionsinstrumente und dokumentierte mit ihrem Aufnahmegerät jede Session. Auf diese Weise entstand in kurzer Zeit ein umfangreiches privates Musikarchiv. Aus diesen Aufnahmen wiederum, an denen sie immer selbst beteiligt war, wählte sie dann die Musik zu ihren Tänzen mit gefärbten Füßen auf Papier. Die Bilder sind also Endglieder einer Kette von „Übersetzungen“: improvisierte Musik, Tonaufnahme, tropfende Farbe, Tanz, Bild.
Jedes Bild ist Ergebnis, Abdruck, Spur eines Tanzes mit gefärbten Füßen. Auf das Papier tropfte und schwappte während des Tanzes Farbe aus Flaschen, die die Tänzerin in den Händen trug. Man kennt seit alters her Zimbeln, Kastagnetten und Glöckchen in Händen von Tänzerinnen – hier muss man sich Farbflaschen vorstellen.
Für das Betrachten heisst das: wir sehen kein Bild, das etwas darstellen oder eine bestimmte Struktur erzeugen soll, sondern wir lesen Spuren, wir erleben Bewegung. Ablesbar sind Drehungen, Schritte, Wischbewegungen und überhaupt Kraftentladungen einer Tänzerin. Bildbetrachtung kann hier zum Nachspüren von Tanzbewegungen werden.
Die Strukturen, die entstehen und zueinander in Beziehung treten, ergeben aber wiederum ein zusammenhängendes Bild und regen die Phantasie auf eine Weise an, wie es die flüchtige Kunstform „Tanz“ so eben nicht vermag. So ist das Besondere dieser Bilder, dass sie ganz den Impulsen des Körpers (gewissermaßen einer „Tanzlogik“ folgend) entstanden, aber doch ein Bild ergeben, das in Ruhe „gelesen“ werden kann und in sich als Bild stimmig erscheint.
Man sieht den Bildern sofort an, dass jegliches Kalkül, das auf ein akkurates Produkt zielen würde, umgangen wurde, dass während des Malvorgangs der kontrollierende Blick keine Rolle spielte. Es ist eine raue, kraftvolle, spontane Kunst, das Gegenteil von akkurat und ausgezirkelt.
Zugleich haben wir es mit einer meditativen Kunst zu tun, in dem Sinn etwa wie das aufmerksame „Lesen“ des bewölkten Himmels eine meditative Kunst ist.
Die Bilder der Sammlung. Ein erster Eindruck:
https://project-sa-i.blogspot.com/search/label/2.2.3.%204%202%5Bsai%3A%5D%202012